Buchkritik: „Der letzte Feind“ von Giuseppe Gracia

(DenkZeit)

Kunst & Kultur

Zwar spielt der Politthriller Der letzte Feind im Vatikan, Autor Giuseppe Gracia kehrt diesmal aber das Täter-Opfer-Schema der Mainstreamliteratur um.

von Thomas Matterne

Wenn es in Politthrillern den Papst an den Kragen gehen sollte, steckten in der Vergangenheit die Finanzinteressen der Mafia dahinter, oder auch der KGB. Mit seinem Thriller Der letzte Feind verpasst der Schweizer Autor Giuseppe Gracia dem Plot ein modernes Update. Hier steckt eine NGO hinter den finsteren Anschlagsplänen, durch die auf einem von Pius XIII einberufenen Konzil nicht nur der Papst selbst, sondern quasi die gesamte Führung der Katholischen Kirche ausgeschaltet werden sollen. Da eine solche Bluttat aber natürlich schlechte Presse machen würde, bedient man sich Seitens der globalen NGO ein paar Islamisten, die den eigentlichen Anschlag ausführen sollen. Wozu hat man schließlich aktiv mit an der Globalisierung gearbeitet, wenn man sich nicht auf dem Terroristenmarkt bedienen kann, wo es einem gerade passt.

Mitten in dieses Komplott wirft der Autor seinen Anti-Helden Hank, der nach Rom kommt, um den Tod seines Jugendfreundes aufzuklären. Anders als der wenig gläubige Hank hatte dieser als Priester schnell auch im Vatikan Karriere gemacht. Während seiner Arbeit war ihm ein Dokument in die Hände gefallen, das die Machenschaften eben jener NGO in Afrika detailliert beschreibt. Was nicht nur sein Todesurteil war, sondern auch das jenes Kardinals, dem Hank gleich zu Beginn des Romans begegnet.

Kardinäle einmal als Opfer, nicht als finstere Täterfiguren

Soviel zur Handlung … Zwar mag der Plot nicht in die Denkmuster moderner Thriller dieser Kategorie passen – in denen Kardinalskollegien eher als Täter, und nicht als Opfer gezeichnet werden – man könnte der Story aber natürlich vor allem Sensationslust und Thrill um jeden Preis unterstellen. Tatsächlich liest sich Gracias Roman aber über weite Seiten hinweg wie ein theologisch-philosophischer Diskurs zwischen konservativen und progressiven Kräften innerhalb der Katholischen Kirche. Beide Ansichten lässt der Autor sozusagen stellvertretend in langen Gedankengängen je eines Kardinals zu Wort kommen. Wobei es wenig überraschen dürfte, dass mit Kardinal Feuerbach ein deutscher Kardinal in die Rolle des Progressiven schlüpft. Und auch wenn man es anhand der Story durchaus als offensichtlich betrachten kann, welcher der beiden Seiten der Autor selbst zuneigt, versteht Gracia es doch beide Positionen so zu schildern, dass sie in sich schlüssig sind. Jede der widerstreitenden Personen kann, nur auf Basis der eigenen Gedanken, für sich in Anspruch nehmen auf der richtigen Seite zu stehen und nur das Gute für die Kirche zu wollen.

Der beinahe philosophische Tonfall wirkt sich angenehm auf das gesamte Buch aus, das wenig reißerisch, für seinen Plot fast schon ruhig daher kommt. Seine Sprache ich klar, fast sezierend. So wie er mit dem Kunstgriff eines Politthrillers die aktuelle Situation innerhalb und außerhalb der Katholischen Kirche seziert. Übrigens gerade dadurch, dass er die allzu oft nur vermeintlich wohlwollenden Motive aller beteiligter Parteien zitiert. Auf diese Weise gelingt ihm etwas, was der mit Hilfe eines Zitats von Paul VI fast wie eine Ausgangsthese dem Buch voranstellt:

„Der Rauch des Satans ist durch einen Riss in den Tempel Gottes eingedrungen.“

Papst Paul VI

Und auch wenn, soviel sei verraten, das Ende nicht dem Ideal einer Hollywoodverfilmung aus Sicht des katholischen Lesers entspricht, hat er doch in gewisser Weise eine ermutigende Botschaft in sein Buch verpackt. Der letzte Feind ist anders als man vielleicht vermuten könnte, tatsächlich in Form des Stellvertreters Christi quasi stellvertretend für seine Kirche selbst, auf dem Cover abgebildet. Der letzte Feind für eine hedonistische, nur noch dem Individualismus und Relativismus opfernde Gesellschaft ist die Katholische Kirche. Der von Jesus in Form des Petrus in die Welt geworfene Fels.

„Die Kirche wird angegriffen, weil ihre Gegner sie nicht länger nur ignorieren oder schlechtreden können, überlegt der Papst. Die Kirche ist den Mächten der Welt wieder ein Ärgernis, also sind wir auf dem richtigen Weg.“

Der letzte Feind von Giuseppe Gracia

Der letzte Feind von Giuseppe Gracia – 1. Auflage 2020 – erschienen im Fontis Verlag, Basel – ISBN 978-3-03848-196-6


Quelle: https://denkzeit.net/buchkritik-der-letzte-feind-von-giuseppe-gracia/

Ähnliche Beiträge

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert